Vermutungswirkung

Was sind harmonisierte Normen?

Die europäischen Richtlinien setzen Mindestanforderungen an die Sicherheit von Produkten. Zu weiteren Untersetzung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen werden harmonisierte Normen erarbeitet.
"In dieser Hinsicht setzt das, durch die Anwendung einer harmonisierten Norm mögliche Sicherheitsniveau, einen Maßstab, der von allen Herstellern der durch die Norm abgedeckten Maschinenkategorie berücksichtigt werden muss." [EU-Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, § 162]

Gilt diese Aussage für alle harmonisierten Normen?

Das Sicherheitsniveau wird von den aktuellen Normen bestimmt, von Normen, die im EU-Amtsblatt

Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG

veröffentlicht sind.

Was bedeutet Vermutungswirkung?

Die Anwendung der Spezifikationen einer Typ-C-Norm auf der Grundlage der Risikobeurteilung des Herstellers ergibt eine Konformitätsvermutung mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie, die durch die Norm abgedeckt sind.

Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Artikel 7:
„(2) Ist eine Maschine nach einer harmonisierten Norm hergestellt worden, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, so wird davon ausgegangen, dass sie den von dieser harmonisierten Norm erfassten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht.“

Warum erfüllen harmonisierte Normen, deren Fundstallen im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden sind, die Vermutungswirkung?

Harmonisierte Normen werden auf der Grundlage des CEN Guide 414 erstellt. Danach mussten die Normenverfasser für den im Anwendungsbereich der Norm beschriebenen Umfang die Risikobeurteilungen durchführen.

Je nach Gefahrenlage konnten die Normenverfasser
a) die Risikobeurteilungen abschließen und konkrete Maßnahmen angeben,
b) die Gefährdungen erkennen, aber keine konkreten Maßnahmen angeben oder
c) die Gefährdungen nur beschreiben, ohne eine Risikobeurteilung durchführen zu können.

Im Falle b) müssen die Restgefährdungen und im Falle c) die Gefährdungen komplett eingeschätzt und bewertet werden.

Warum sind vom Hersteller gemäß EU-Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, § 162 dennoch Risikobeurteilungen durchzuführen?

Eine Produktnorm (Typ C-Norm) behandelt nicht immer alle signifikanten Gefährdungen. Für diese in der Norm nicht behandelten Gefährdungen sind komplette Risikobeurteilungen nach EN ISO 12100 durchzuführen.

Die in der Norm nicht behandelten Gefährdungen könnten aus dem Anwendungsbereich erkannt werden. Außerdem können durch die Maßnahmen selbst weitere Gefährdungen entstehen, z. B. bei von der Normvorgabe abweichenden Lösung.

Weiterhin sind die pro Gefährdung noch nicht abgeschlossenen Risikobeurteilungen zu vollenden.

Was bedeutet das für den Anwender von harmonisierten Normen?

Die Anwender müssen erkennen, welche an ihrer speziellen Maschine vorhandenen Gefährdungen in der Norm nicht behandelt werden.

Sie müssen weiterhin aufgrund der Art der Normvorgaben erkennen, ob die Risikobeurteilung für die jeweilige Gefährdung abgeschlossen wurde bzw. sie diese selbst abschließen müssen.

Weiterhin müssen Sie erkennen, ob die Gefährdung durch einen Normabschnitt, einen Absatz oder nur einem Satz in einem Absatz beschrieben wird.